23
Dec
2005

Das elektromagnetische Spektrum als Waffe in einem Konflikt von niederer Intensität

Originaltitel: Low Intensity Conflict and Modern Technology
The electromagnetic spectrum in low-intensity conflict

Paul E. Tyler1986, Maxwell Airforce Base

Veröffentlicht in: Low Intensity Conflict and Modern Technology, Lt.
Col. David J. Dean, Air University Press, Center for Aerospace Doctrine, Research and Education, Maxwell Air Force Base, Alabama, Juni 1986, Seiten 249- 260-Auszug-

Potentielle Militärische Nutzung elektromagnetischer Strahlung

Die Anwendung dieser Technologie für militärische Zwecke steckt immer noch in den Kinderschuhen und wurde erst vor kurzem von den Vereinigten Staaten als praktikable Option erkannt. Eine Übersicht über Biotechnologie der Luftwaffe von 1982 macht folgende Aussagen: „Neue Daten erlauben den Schluss, dass Felder mit besonders aufbereiteter Radiofrequenzstrahlung eine schwere und revolutionäre Bedrohung für militärisches Personal darstellen kann. Elektroschocktherapie zeigt die Möglichkeit durch elektrischen Strom die Funktion des Gehirns für kurze Zeit komplett zu unterbrechen, die Aufmerksamkeit für einige Zeit herzustellen und emotionales Verhalten über größere Zeiträume zu verändern.

Erfahrungen mit Elektroschocktherapie, Experimente mit radiofrequenten elektromagnetischen Feldern und das steigende Verständnis des Gehirns als elektrisch arbeitendes Organ legt ernsthaft nahe, dass aufgezwungene elektromagnetische Felder absichtsvolles Verhalten verhindern kann und es möglich wird, solches Verhalten zu steuern und/oder zu untersuchen. Weiterhin kann die Durchleitung von 100 Milliampere durch den Herzmuskel zu Herzstillstand und Tod führen, wodurch ein Waffeneffekt mit Lichtgeschwindigkeit erreicht werden kann. Ein das Zielgebiet schnell überstreichender Radiofrequenzstrahler kann über eine große Fläche effektiv töten oder kampfunfähig machen. Die Effektivität des Waffensystems hängt von Wellenform, Feldstärke, Pulslänge, Wiederholrate und der Trägerfrequenz ab. Ein solches Waffensystem kann durch Experimente an Gewebe und im Tiermaßstab bei gleichzeitiger Erforschung der zugrunde liegenden Mechanismen und der Effekte der verschiedenen Wellenformen entwickelt werden. Durch den Einsatz relativ schwacher radiofrequenter Strahlung könnte es möglich sein, dass man große militärische Verbände für geringe Mengen biologischer oder chemischer Kampfstoffe sensibilisiert, während unbestrahlte Personen nicht betroffen sind.

Die potentielle Anwendung von künstlichen elektromagnetischen Feldern erstreckt sich über ein weites Gebiet militärischer oder militärähnlicher Anwendungen. Einige dieser potentiellen Anwendungen schließen den Einsatz gegen terroristische Gruppen, bei Aufruhr und Demonstrationen, die Sicherung von militärischen Anlagen und den Einsatz gegen Personen auf dem Schlachtfeld ein. Bei allen diesen Einsätzen würden elektromagnetische Waffensysteme eingesetzt werden um leichte bis schwere physiologische Störungen oder Wahrnehmungsstörungen und Desorientierung hervorzurufen. Zusätzlich kann die Funktionsfähigkeit von Personen soweit eingeschränkt werden, dass sie im Kampf nicht mehr einsatzfähig sind. Ein weiterer Vorteil von elektromagnetischen Waffensystemen liegt darin, dass sie einen großen Bereich mit einem einzigen System abdecken können. Sie sind lautlos und es könnte schwierig sein, Gegenmaßnahmen zu entwickeln.

In letzter Zeit wurde über die Auslösung des Kopierens der Erbinformation der Zelle durch gepulste elektromagnetische Felder berichtet. Am anderen Ende des Spektrums nichtionisierender Strahlung kommt es nach Forschungsberichten ebenfalls zu biologischen Effekten, die mit den traditionellen Theorien nicht übereinstimmen. Kremer und andere haben mehrere Untersuchungen veröffentlicht, die die biologischen Wirkungen von Millimeterwellen geringer Intensität beschreiben. In diesen Untersuchungen wird gezeigt, dass diese Effekte nicht nur bei sehr geringen Intensitäten auftreten, sondern dass sie auch frequenzabhängig sind.

Als Folge dieser und anderer Studien mussten einige wissenschaftlichen Gruppen ihre bisherigen Konzepte neu überdenken und nach neuen Theorien suchen. Die neueren Ansatzpunkte berücksichtigen die Erkenntnis, dass biologische Systeme bei der Einwirkung elektromagnetischer Felder ein nichtlineares Verhalten zeigen. Anstatt also einfache lineare Mechanismen bei der Wirkung elektromagnetischer Felder auf biologische Systeme anzuwenden, ist man gezwungen eine nichtlineare Wellenmechanik zu verwenden. Einige Forscher haben sogar die Mathematik der Chaostheorie verwendet.

Ein Resultat dieser Neubewertung ist die Erkenntnis vieler Wissenschaftler, dass körpereigene elektromagnetische Felder eine entscheidende Rolle bei vielen biologische Vorgängen, darunter der Entstehung des Embryos, der Knochenheilung, der Informationsübertragung und Speicherung vor allem im zentralen Nervensystem spielen. Viele Wissenschaftler und Forscher haben auch über die schädlichen Effekte elektromagnetischer Felder auf biologische Systeme spekuliert.

Guerara und andere haben vor kurzem über chaotisches Verhalten bei Zellen von Hühnerherzen berichtet, die mit elektrischen Signalen bestimmter Frequenzen und Amplituden stimuliert wurden. Es wurde auch gezeigt, dass mit bestimmten Frequenzen und Amplituden Einfluss auf die Atmung genommen werden kann. Tiere bekamen bei bestimmten Frequenzen schwere Atemprobleme.

In einer neueren Veröffentlichung haben Ubeda, Delgado und andere berichtet, dass die Pulsform eines magnetischen Feldes Einfluss auf die Entwicklung von Hühnerembryos hat. Sie benutzten vier verschiedene Pulsformen die sich unterschiedlich auf die Embryos auswirkten. Das erste Signal hatte eine Anstiegszeit von 100 Millisekunden mit einem abfallenden Plateau. Das zweite Signal war ein Rechtecksignal mit einer Anstiegszeit von 2 Millisekunden. Das dritte Signal hatte eine Anstiegszeit von 42 Millisekunden und einer aufmodulierten Schwingung. Das vierte Signal hatte ebenfalls eine Anstiegszeit von 42 Millisekunden, war aber nicht zusätzlich moduliert. Alle Pulse hatten eine Dauer von 500 Millisekunden und eine Impulswiederholrate von 100 Hertz. Als Resultat zeigten einige Wellenformen einen Einfluss auf die Entstehung des Embryos, andere nicht. Ein Fenstereffekt zeigte sich auch bei der Stärke des Signals: Einige Effekte wurden bei niedriger Intensität beobachtet, während sie bei höherer Intensität nicht mehr nachweisbar waren.

Von Frequenz und Amplitude abhängige Fenstereffekte wurden auch von anderen Forschern entdeckt. Über dieses Phänomen haben zuerst Adey und seine Mitarbeiter in den frühen siebziger Jahren berichtet, aber es wurde bis vor kurzem nicht als wichtig anerkannt. Wellenform und Fenstereffekte von Frequenz und Amplitude können spezifische biologische Ziele und Effekte haben. Basset hat berichtet, dass neue Untersuchungen in seinem Labor gezeigt haben, dass der Spannungsverlauf eines in ein Gewebe geleiteten Impulses je nach verwendetem Gewebe oder Organ unterschiedlich ist. Er stellte fest, dass es möglich ist durch die Analyse der Reaktion in Hochfrequenzfeldern auf die Art des Gewebes zu schließen.

Neueste Forschung zu chaotischem Verhalten hat gezeigt, dass die Veränderung von nur einem Parameter chaotisches Verhalten verursachen kann das zu drastischen Resultaten führen kann. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, dass elektromagnetische Felder auf die elektrischen Signale des Herzmuskels einwirken. Wenn die richtigen Parameter benutzt werden kann man verschiedene Resultate erzielen. Dazu gehören Herzkammerflimmern und Herzstillstand mit tödlichem Ausgang. Untersuchungen haben verändertes Verhalten bei Tieren und verändertes Elektroenzephalogramm (EEG) bei Tieren und Menschen gezeigt.

Es ist im Moment noch nicht vorhersehbar, welchen Einfluss ein verändertes EEG auf das Funktionieren des Gehirns und das Verhalten von Personen hat. Einige neueste Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Beeinflussung der Gehirnwellen großen Einfluss auf das Verhalten und die kognitiven Fähigkeiten von Personen haben kann. Einige Personen haben sogar spekuliert, dass elektromagnetische Strahlung bereits zu diesem Zweck verwendet wurde.

Einige neuere theoretische Untersuchungen kommen zu der Überzeugung, dass die neuronalen Synapsen zu klein für normale chemische Vorgänge sind und dass deshalb quantenmechanische Vorgänge stattfinden. Es wurde bisher angenommen, dass ein chemisches Potential die Vesikel zur Ausschüttung von chemischen Neurotransmittern veranlasst, die dann nach Durchquerung der Synapse beim zweiten Neuron die Auslösung seines Aktionspotential veranlasst. Wenn es sich hierbei um einen quantenmechanischen Vorgang handelt kann der Mechanismus im Gegensatz zum klassischen chemischen Konzept folgendermaßen angenommen werden: Das Aktionspotential verursacht nach Durchwanderung des Nervenzellfortsatzes einen Einfluss über den synaptischen Spalt der eine Elektronenübertragung in umgekehrter Richtung verursacht und damit den Vesikeln die Informationsübermittlung bestätigt. Diese Bestätigung veranlasst die Vesikel die Neurotransmitter auszuschütten. Dieser Vorgang findet auch unter Beteiligung von Leckströmen benachbarter Neuronen und perineuronaler Zellen statt. Die Zellen kommunizieren miteinander, so dass das System viel komplizierter ist, als man gedacht hat.

Dass diese statistischen quantenmechanischen Effekte nicht nur von einfachen elektrischen Vorgängen in einzelnen Zellen, sondern von der Kommunikation zwischen mehreren Zellen abhängen, lässt den Schluss zu, dass das komplexe System anfällig für äußere nichtlineare elektromagnetische Einflüsse ist.

Die Störung neuronaler Wege kann zu einer Vielzahl von Effekten führen. Bei den heutigen komplizierten Waffensystemen ist es nicht nötig die Bedienung vollständig auszuschalten um sie Kampfunfähig zu machen. Wenn beispielsweise das Zeitempfinden oder die kognitive Fähigkeit beeinträchtigt wird, kann das Personal die Fähigkeit zur Bedienung ihrer Geräte (Fliegen eines Flugzeuges, Treffen der richtigen Entscheidungen bei komplexen Waffensystemen oder die Erfüllung ähnlicher Aufgaben ) verlieren.

Wegen der vielen beteiligten Parameter und der offensichtlichen Spezifizität der einzelnen Parameter kann man für jeden Zweck passende Effekte auswählen. Diese Flexibilität gibt dem Anwender eine Vielzahl von Möglichkeiten. Sie öffnet die Tür zu einer angemessenen Reaktion im Krieg, sei er konventionell oder unkonventionell. Es gibt noch viele offene Fragen die diese Technologie betreffen. Bis jetzt hat sich die überwiegenden Mehrzahl der Forschungen in den USA auf Versuche mit einer Frequenz und Standardparametern beschränkt. Experimente mit mehreren gleichzeitig benutzten Frequenzen oder veränderlichen Parametern sind noch nicht durchgeführt worden. Bis heute hat die Mehrzahl der Amerikanischen Forscher angenommen, dass eine „Mikrowelle eine Mikrowelle“ ist und dass bei einer Frequenz durchgeführte Forschungen auf alle Frequenzen in diesem Bereich übertragbar sind. Wir wissen jetzt, dass die Experimente frequenzspezifisch sind. Aber wie frequenzspezifisch? Hängt die Spezifizität von dem Bereich des elektromagnetischen Spektrums ab, in dem man forscht? Es gibt unbestätigte Berichte, dass Veränderungen von 0,1 Hertz eine Auswirkung haben. Die meisten Wissenschaftler glauben immer noch nicht, dass eine so kleine Frequenzdifferenz von Bedeutung ist. Doch Rapp hat gezeigt, dass frequenzkodierte Signale als Auslöser zur Ausschüttung von Amylase aus den Speicheldrüsen von Fliegen (Calliphora exythocephalla) dienen kann. Die Frequenzunterschiede die die Ausschüttung des Enzyms beeinflusste betrugen zwischen 0,00 und 0,056 Hertz. In dieser Studie war das Stimulanz die Chemikalie 5-Hydroxytriptamin. Besonders interessant ist, dass die chemische Reaktion in eine digitale Hochfrequenzschwingung umgewandelt wurde. Es fand also eine Wandlung von Analog in Digital und zurück in Analog statt.

Daraus ergibt sich die grundsätzliche Frage, ob die Wirkung auch unter Umgehung des chemischen (analogen) Auslösers durch direkte Stimulation der Zelle mit einem elektromagnetischen Signal gleicher Frequenz ausgelöst werden kann. Das Resultat dieser Untersuchung zeigt klar, dass die exakte Einhaltung einer spezifischen Frequenz notwendig sein könnte, um ein spezifisches Resultat zu erzielen.

Aus dem Englischen übersetzt von Herrn B.
Übersandt von Volker Hartenstein
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